Montag, 12. Juni 2023

{Rezension} Babel von R. F. Kuang

Titel: Babel
Autorin: R. F. Kuang
Übersetzerinnen: Heide Franck & Alexandra Jordan
Verlag: eichborn
Erschienen: 28.04.2023
Seitenzahl: 736
Reihe:
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
                                                    Inhalt                                                   
 
1828. Robin Swift, den ein Cholera-Ausbruch im chinesischen Kanton als Waisenjungen zurücklässt, wird von dem geheimnisvollen Professor Lovell nach London gebracht. Dort lernt er jahrelang Latein, Altgriechisch und Chinesisch, um sich auf den Tag vorzubereiten, an dem er in das Königliche Institut für Übersetzung der Universität Oxford - auch bekannt als Babel - aufgenommen werden soll.
Oxford ist das Zentrum allen Wissens und Fortschritts in der Welt. Für Robin erfüllt sich ein Traum, an dem Ort zu studieren, der die ganze Macht des britischen Empire verkörpert.
Denn in Babel wird nicht nur Übersetzung gelehrt, sondern auch Magie. Das Silberwerk - die Kunst, die in der Übersetzung verloren gegangene Bedeutung mithilfe von verzauberten Silberbarren zu manifestieren - hat die Briten zu unvergleichlichem Einfluss gebracht. Dank dieser besonderen Magie hat das Empire große Teile der Welt kolonisiert.
Für Robin ist Oxford eine Utopie, die dem Streben nach Wissen gewidmet ist. Doch Wissen gehorcht Macht, und als chinesischer Junge, der in Großbritannien aufgewachsen ist, erkennt Robin, dass es Verrat an seinem Mutterland bedeutet, Babel zu dienen. Im Laufe seines Studiums gerät Robin zwischen Babel und den zwielichtigen Hermes-Bund, eine Organisation, die die imperiale Expansion stoppen will. Als Großbritannien einen ungerechten Krieg mit China um Silber und Opium führt, muss Robin sich für eine Seite entscheiden...
Aber kann ein Student gegen ein Imperium bestehen?
Quelle: Buchrückseite

 
                                           Meine Meinung                                          
 
Der junge Robin wird in Kanton als Waise von Professor Lovell aufgenommen und nach England gebracht, wo er jahrelang Englisch und andere Sprachen erlernt. Denn 1836 (quasi in einer alternativen Vergangenheit, aber doch mit einigen Parallelen zu unserer) tritt Robin das Studium an der Universität zu Oxford an: Nun gehört er zu den „Bablern“, die am Königlichen Institut für Übersetzung arbeiten und durch die Kunst der Übersetzung Magie auf Silberbarren wirken können, die überall eingesetzt werden. Gleichzeitig beginnen dort auch Ramy, Victoire und Letty ihr Studium in ihren spezialisierten Sprachen. Doch der Ort voller Wissen und Robins ersten Freunden stärkt die Macht des Empire und ist der Motor der Kolonialisierung von Ländern, wie Robins einstmaliger Heimat.
>>Sprache war einfach Unterschied. Eintausend verschiedene Arten, die Welt zu betrachten und sich durch sie zu bewegen. Nein; eintausend Welten innerhalb der einen. Und Übersetzung - das war ein notwendiges, wenn auch vergebliches Unterfangen, sich zwischen diesen Welten zu bewegen.<<, S. 721f

Ich finde die Idee der Autorin richtig gut, die Übersetzung von Büchern und Texten in den Fokus zu rücken. Eine wichtige Disziplin ohne derer wir Menschen uns kaum verstehen könnten und vor allem, viele Bücher, wie dieses, gar nicht konsumieren könnten. R. F. Kuang stellt die Hürden der Übersetzung da, schildert die gemeinsamen Entwicklungen einiger Sprachen und besticht mit viel linguistischem Wissen. Manches davon wird auch durch Fußnoten ergänzt. Auch wenn die sprachwissenschaftlichen Ausführungen in Robins Studium manchmal zäh erscheinen, fand ich die Erklärungen über Sprachen und deren Übersetzung faszinierend. Neben diesem Gebiet spielt durch die Kolonialisierung auch Rassismus und ebenfalls Sexismus eine wichtige Rolle. Durch die vier Student/innen, die Diskriminierung erleben, nehmen diese Themen einen noch größeren Stellenwert als die Silbermagie ein. Dieses Buch ist vielmehr eine alternative Vergangenheit und Tadel an der Kolonialisierung als ein Pageturner im Fantasygenre. Die Geschichte beinhaltet dadurch viele düstere Themen und schafft durch Robins Freundschaft und interessantem Studium in diesem altehrwürdigen Turm Babel eine Balance zwischen Grausamkeit und Wohlfühlen. Etwas, das bald auch Robin zwischen den Stühlen sitzen lässt. Obwohl die Autorin eher das große Ganze im Blick hat und Robins Gefühlswelt mir manchmal zu kurz kam, ist dieses Buch einfach nur gewaltig und R. F. Kuang trifft mit ihren perfekt beschriebenen Worten einfach direkt in die Wunde der Geschichte.

Nach einer eher ruhigen und lehrreichen ersten Hälfte wird die Geschichte im letzten Drittel doch noch sehr spannend und rasant. Hier überschlagen sich fast die Ereignisse und haben mich an die Handlung gefesselt. Das Ende hat mich nicht ganz überzeugt, ist aber realistisch, erschütternd, berührend und vielleicht auch hoffnungsvoll.


                                                     Fazit                                                    

Babel ist ein gewaltiges Buch, eher eine alternative historische Geschichte mit einem Hauch Magie als ein großer Fantasyroman, aber nicht minder lesenswert. Die Erläuterungen zu Sprache und Übersetzung sind sehr interessant und Robins Geschichte im Übersetzungsinstitut zunächst eher gemächlich, später aber auch überraschend actionreich und fesselnd. Der Erzählstil der Autorin ist sehr treffend und oft detailliert, eher aber thematisch statt emotional, und setzt die Themen Kolonisierung, Rassismus und Sexismus gekonnt um.
 

2 Kommentare:

  1. Schönen guten Morgen!

    Du hast die Geschichte sehr gut in Worte gefasst und perfekt beschrieben! Ich war auch total gefesselt und fasziniert - denn auch wenn mir die Bedeutung der vielen Übersetzer an sich bewusst ist - sonst könnte ich vieles nicht lesen, wird hier doch nochmal deutlich welch wichtige Arbeit sie leisten! Viele Themen kamen vor, aber eben in Ruhe und Bedächtigkeit eingebaut, dass es nicht überfrachtet gewirkt hat.
    Ganz tolles Buch!

    Liebste Grüße und ein schönes Wochenende!
    Aleshanee

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    1. Dankeschön =)
      Da sieht man mal, dass fesselnde Bücher nicht unbedingt Pageturner sein müssen.

      Danke, dir eine schöne Woche!

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