Inhalt
New York 2083: Wasser und Papier sind knapp, Kaffee und Schokolade sind illegal.
Die Balanchine-Familie ist das Zentrum des illegalen Schokoladenhandels in New York. Doch die Eltern sind tot, und Anya ist mit 16 Jahren das Familienoberhaupt. Sie kümmert sich um ihre Geschwister und die kranke Großmutter. Aber dem Familiengeschäft kann sie sich nicht entziehen. Ebenso wenig wie ihre große Liebe Win - ausgerechnet der Sohn des schlimmsten Feindes der Balanchines.
Ein Mädchen zwischen High School und Verbrechen, zwischen Liebe und
Verantwortung.
Charaktere
Anyeschka/Anya ist
16 Jahre alt und schon sehr selbständig und selbstbewusst für ihr Alter. Trotz
des illegalen Familiengeschäftes ist Anya eine strenge Katholikin und möchte
„ein gutes Mädchen“ sein, da sie es ihrem Vater versprochen hat. Anya möchte
unter keinen Umständen negativ auffallen, sodass sich der Staat sorgen um ihren
Vormund machen könnte. Trotzdem sind die Umstände und ihr Verhalten manchmal
doch auffallend. Oftmals ist sie aber auch mit der Situation überfordert, auch
wenn sie es selbst nie zugeben würde. Anya ist ein sehr sympathischer
Charakter, nur finde ich es schade, dass sie in ihrem Urteil anderen gegenüber
sehr hart und voreingenommen ist, obwohl sie es selbst bei sich selbst und
ihren Geschwistern nicht will und weiß, dass Vorurteile ein falsches Bild
vermitteln können.
Weil ihre Großmutter Nana bettlägerig
und immer öfter geistig verwirrt ist, kümmert sich Anya um ihre beiden Geschwister.
Ihr älterer Bruder Leo war dabei als
deren Mutter getötet wurde und hat dadurch einen Schock erlitten, der sich noch
heute auf sein Verhalten auswirkt.
Natty ist Anyas 12-jährige Schwester,
die für ihr Alter schon sehr reif ist und oft ihre Meinung rundheraus
preisgibt.
Mr. Kipling ist der Anwalt der
Familie, der vor allem Anya immer zur Seite steht und unterstützt – nicht nur
in rechtlichen Angelegenheiten.
Win, der Sohn des Oberstaatsanwaltes,
ist Anyas große Liebe. Win hat aufrichtige Gefühle für Anya und lässt sich
durch deren Verwandtschaft und Probleme nicht verunsichern. In manchen
Situationen jedoch verhält er sich, als sei er nur mit Anya zusammen um seinen
Vater zu ärgern. Insgesamt ist sein Charakter nicht sehr vielseitig aufgebaut
und wirkt oftmals etwas langweilig.
Weiterhin tauchen in der Geschichte noch Anyas beste Freundin Scarlet und ihr Ex-Freund Gale auf, sowie einig Verwandte und
Freunde der Balanchine-Familie.
Die
Gestaltung des Buches ist ganz anders als bei „normalen“ Büchern, die man
täglich in der Hand hält. Während bei den meisten Büchern die Kapitel durch
arabische oder auch römische Zahlen gekennzeichnet sind, wurde hier noch ein
kurzer Satz bzw. eine kurze Bemerkung von Anya hinzugefügt. Dadurch wurde das
Kapitel zusammengefasst und die Spannung, was dieser Satz zu bedeuten hat,
steigt an. Trotzdem hat mir oftmals der rote Faden gefehlt, der den Leser durch
die Geschichte begleitet und den Weg weist.
Rückblickend würde ich sagen, dass
das Buch um Anyas Privatleben handelt, dass durch ihre Familiensituation, ihre
Verwandten, das Familiengeschäft (illegaler Handel mit Schokolade) und ihrer
großen Liebe beeinflusst wird und der Leser wird zu dem Zeitpunkt in das
Geschehen geworfen, als sich vieles in Anyas leben ändert. Diese Information
vorher zu wissen hätte mir geholfen, da ich einige Male genervt über dem Buch
saß und mich fragte, was darin eigentlich geschieht und was die Autorin einem
erzählen möchte. Trotzdem konnte Frau Zevin zum Schluss alle noch so unterschiedlichen
Fäden von Geschehnissen zu einem Punkt zusammenführen und diese miteinander verknüpfen
und abschließen.
Weiterhin
konnte ich mir die Charaktere der drei Geschwister und ihr derzeitiges Leben
nicht richtig vorstellen, weil ich durch die Erwähnung ihrer
Eltern/Erinnerungen an ihre Eltern verwirrt war, in wie fern diese die drei
Geschwister beeinflusst haben. Auf der einen Seite ist da der Chef des größten
illegalen Schokoladenimperiums in Amerika und auf der anderen ist dort die
Tatortermittlerin des NYPD. Viel mehr als die Liebesgeschichte zwischen einem
Mädchen, dass mit dem illegalen Handel ihrer Verwandten nur geringfügig zu tun
hat und einem Jungen, dessen Vater der Oberstaatsanwalt ist, und die Beziehung
zwischen den beiden „nur“ dessen Karriere schadet, hätte mich die
Liebesgeschichte zwischen einem „Verbrecher“, der mit illegaler Ware handelt
und einer gewissenhaften Tatortermittlerin, die Verbrecher überführen möchte,
interessiert. Positiv ist mir aufgefallen, dass Anyas Vater ein Charakter ist,
der in dem Buch „eigentlich“ nicht vorkommt, aber durch die Zitate immer wieder
in der Geschichte präsent ist. Dadurch konnte der Leser sich in etwa
vorstellen, wie der Vater der drei Geschwister früher gewesen sein mag und man
hat die Liebe Anyas zu ihm deutlich gespürt. Manche Details hat Gabrielle Zevin
außer Acht gelassen bzw. nicht in überzeugender Weise eingebaut, doch andere
Details werden in diesem Buch benutzt wie noch nicht zuvor in anderen.
Das
Buch ist so geschrieben als erzähle Anya dem Leser was bisher passiert ist. An
einigen Stellen spricht sie den Leser direkt an und vermittelt diesem somit
Nähe. An einer ganz bestimmten Stelle musste ich schmunzeln, weil Anya den
Leser fragte, ob er denn etwas Bestimmtes vermutet hat und sie es ihm doch
erzählt hätte– und das hatte ich wirklich. Manchmal wurde ich durch diese
Erzählweise jedoch vom Geschehen fortgezogen, da das Vergehen der Zeit nur kurz
in einem Nebensatz eingebaut wurde, indem kurz erwähnt wurde, dass ein
Geschehen schon soundso viel Monate zurückliegt.
Die
(dystopische) Idee ist eine Welt, in der Schokolade und Kaffee verboten ist.
Gut daran finde ich, dass die Idee etwas leicht Verrücktes hat. Eine Dystopie
mit einem unterdrückendem Regime und/oder Naturkatastrophen oder Kriege in der
Vergangenheit ist „Bitterzart“ nicht. Doch wenn man eine derartige Geschichte
nicht erwartet, kann „Bitterzart“ den Leser von sich überzeugen.
Anyas
verstorbener Vater hat das Familiengeschäft des illegalen Handels mit
Schokolade geführt, bis er gestorben ist. Dass manche Leser mehr Mafia-Feeling
erwartet hatten, kann ich verstehen. Ich finde jedoch, dass Anya durch den
eigenen Verzehr von Schokolade und durch ihren Cousin genug darin verwickelt
ist, obwohl sie sich bemüht mit dem Familiengeschäft nichts zu tun zu haben.
Außerdem steigt auch mit zunehmender Seitenzahl die Priorität des Familiengeschäftes.
So wie Gabrielle Zevin die Geschichte
geschrieben hat, ist es einfach nicht vorgesehen, dass das Familiengeschäft mehr
in Anyas Leben involviert ist (dafür hätte beispielsweise ihr Vater noch leben
müssen). Aber wer weiß? Vielleicht steckt Anya in den Folgebänden viel tiefer
im Familiengeschäft drinnen?
Dass Mafia-Familien sich gegenseitig um andere Familienmitglieder kümmern und
sich immer aufeinander verlassen können, ist hier sehr gut dargestellt. Nicht
nur Anya oder ihr Bruder Leo versuchen, ihre Geschwister vor allem zu schützen,
sondern auch deren Onkel hat Interesse an deren Lebenssituation.
Auch
wenn ich vieles an „Bitterzart“ bemängelt habe, konnte mich das Buch insgesamt
überzeugen. Meine negativen Aspekte sind meist nur kleine Teile, die zwar zum
Gesamtbild des Buches beitragen, aber nicht übermäßig viel.
Fazit
„Bitterzart“
ist keine Dystopie sondern eher eine Geschichte über Anyas Lebensumstände und
ihrer ersten großen Liebe. Vor allem die nacherzählten Passagen stören im
Lesefluss, sodass der Leser zeitweise von der Geschichte distanziert wird. Die
Verwandten der Mafiafamilie der drei Geschwister sind genügend präsent; wobei
ich mir vorstellen kann, dass diese Präsenz in den Folgebänden zunehmen wird. Die
Geschichte hat noch sehr viel Potenzial, das in den Folgebänden hoffentlich
ausgeschöpft wird.
3 von 5 Buchstabenhaufen,
Die Reihe
Edelherb, der zweite Teil der Trilogie, erscheint am 23. Oktober diesen Jahres.