Autorin: Anne Stern
Verlag: Aufbau Taschenbuch
Seitenzahl: 352
Reihe: -
Inhalt
Berlin,
5. August 1936: Die Schwermut ist Elfies steter Begleiter, Zuversicht findet
sie in ihrer Arbeit in der Chocolaterie Sawade, einem Hort zarter Zaubereien
aus Nougat und Schokolade, feinstem Marzipan und edlen Aromen. Hier gelingt es
Elfie und ihren Nachbarn, sich ihre Menschlichkeit in unmenschlichen Zeiten zu
erhalten. Dann kommt Elfie dem Geheimnis einer besonderen Praline und der
Geschichte einer verbotenen Liebe auf die Spur. Doch wird sie es wagen, auch
ihrer eigenen Sehnsucht zu folgen?
Quelle:
Buchrücken
Meine Meinung
Die Geschichte spielt 1936 im August in Berlin, als dort die Olympischen
Spiele ausgetragen wurden, über tatsächlich nur drei Tage. Die
Leser/innen begleiten etliche Personen, die in der Straße „Unter den
Linden“ arbeiten oder leben. Elfie führt die Chocolaterie Sawade, deren
Tätigkeit dabei ihre düsteren Tage aufhellt. Franz ist jüdischer
Buchhändler. Die alte Madame Conte lebt schon seit Jahrzehnten in der
Straße. Darüber hinaus gibt es noch einige andere Charaktere, die
manchmal nur einmal, vielleicht auch öfter eine Rolle spielen. Die
Vielzahl der Figuren ist aber nie zu viel oder chatoisch, da sie alle
anschaulich beschrieben werden und zu der großen Rahmenhandlung der
Straße beitragen. Die Bäume, die Linden, kommen auch in ein paar
Kapiteln zu Wort, was die Geschichte noch besonderer macht. Bäume sind
beständig, weise und verkörpern Leben, wie könnte die Vergangenheit und
Gegenwart „Unter den Linden“ denn besser beschrieben werden als durch
sie? Die Worte, Atmosphäre und Gedanken der Bäume sind wunderschön und
geben der Geschichte noch einen besonderen Touch.
>> Was sind wir Menschen denn ohne Schönheit? [...] Es ist
doch unsere Rettung vor dem Alltag, diesem grauen Gespenst, das uns Tag
für Tag einhüllt. << Issa, S. 162
Schon auf den ersten Seiten des Buches war ich begeistert. Nach einem kurzen Prolog beginnt die Geschichte als Elfie und Franz parallel ihre Geschäfte für den Tag vorbereiten und öffnen. Sie gehen in Gedanken ihren Tätigkeiten nach, wodurch ich sie sehr genau kennenlernen und die Ängste und Gefühle der beiden gut nachvollziehen kann. Anne Stern beschreibt alles sehr anschaulich, aber nie zu langatmig und hat immer die passenden Worte, egal ob für die Emotionen der Charaktere oder die Stimme der Linden. Wir begleiten immer mehr Buchfiguren in ihrem noch ruhigen Morgen in der von Bäumen gesäumten Straße, weiter über die nächsten Tage hinweg, die viel turbulenter, manchmal auch gefährlicher und vor allem emotionaler werden. Ich finde all die unterschiedlichen Charaktere und damit Perspektiven sehr schön, weil man dadurch ein umfassendes Bild von dem Leben unter den Linden erhält. Diese Geschichte ist wie ein kurzer Blick durchs Schlüsselloch, ein Blick über nur drei Tage auf viele Personen, die „Unter den Linden“ arbeiten oder wohnen, ein intensives Eintauchen in deren Leben. Eine kleine Momentaufnahme Berlins zwischen der sonnigen Euphorie der Olympischen Spiele und den langen Schatten, die das Naziregime auf die Bewohner/innen werfen. Man sieht auch, wie schwierig es viele Charaktere in Zukunft haben könnten, weshalb ich zum Ende hin ein paar Tränen vergießen musste und es sehr emotional wurde, aber andererseits habe ich die Figuren so gut kennengelernt, dass ich mir sicher bin, dass sie ihren Weg machen werden.
>> Wir singen das Lied von Berlin. Wir säuseln, wir rascheln,
wir wispern und rauschen. Wir klappern mit den Ästen das Auf und Ab der
Jahreszeiten, Lebenswege, Zeitläufe. << S. 66
Fazit
Drei
Tage im August nur folgt man dem Leben der Menschen, die „Unter den Linden“ in
Berlin arbeiten oder leben, und erhält doch ein sehr umfassendes Bild von
ihnen. Besonders die Kapitel aus Sicht der Linden haben es mir angetan, sowie
das immer emotionaler werdende Ende. Ich liebe dieses Buch und kann es jedem
Fan von historischen Romanen und vom Leben gezeichneten & starken
Charakteren empfehlen.
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